Die Entdeckung des Miteinanders

Die studierte Grafikdesignerin und freie Künstlerin Erika Walther kam 1992 hoch motiviert aus Wiesbaden nach Dresden, wo das Büro ihres Mannes nahe an ein Klotzscher Betriebsgelände angrenzte. Bald wurde ein Barackengrundstück aus der DDR erworben, in dem sich die Künstlerin niederließ und ihr eigenes Atelier und eine Keramik-und Grafikwerkstatt einrichtete.


Keramische Plastik

Neben der Arbeit in Malerei und Grafik ist Erika Walther vor allem auf dem Gebiet der keramischen Plastik tätig, besonders mit bemaltem und unbemaltem Ton. Dabei wendet sie die Plattentechnik an, die ihr erlaubt, von Innen nach Außen zu arbeiten: Sie walzt den Ton zu 5 mm dünnen Platten, schneidet die Grundform aus dem Ton und unterlegt sie zum Trocknen mit Papier, bis das Material lederhart ist und sie es gut biegen kann. Beim Bearbeiten sieht sie sofort, wie die zukünftige Plastik sich entwickelt. Entlastungsschnitte und eine innere Stabilisierung des Holhlraumes folgen. Die Formenvorgabe ist dabei immer materialbedingt. Neben dem Figürlichen wie Gruppenplastiken, Torsi, Halb-und Ganz-Akten, allegorischen Themen (mit Bezug auf das antike Thema vom Nachen, der die Seelen über den Fluss (den Styx) bringt, hier aber mit Flüchtlingen) haben es ihr Köpfe angetan. Dabei handelt es sich aber nicht um Porträts. Über die Mimik und das Äußere des Kopfes transportiert sie expressiv Wesenszüge, gibt Einblicke in Charakter und Individualiät. Das Köpfe-im Kopf-Thema liebt sie besonders, wenn sie die Hohlform nutzt und sie mit Köpfen füllt. Aber auch auf dem Kopf siedelt sie Köpfe an, die dem Ganzen Symbolik verleihen. Der Grundcharakter des Kopfes ist dabei gleich, aber in der Nuance verändert er sich von Kopf zu Kopf, während es ihr um die verschiedenen Affekte geht. Männer mit Hut und großen Augen, Asiaten, Afrikaner, archaische Köpfe, die an den Expressionismus erinnern und kaum bemalt sind, dafür aber durch den Brand geschwärzt wurden, haben eine gewisse Strenge und Eindringlichkeit. Manchmal waltet in ihnen eine leichte Abstrahierung, die den Kopf auf das Wesentliche reduziert, auf Maske, Physiognomie und expressive Gebärde.


Drucke, Schnitte (cut outs) und Malerei

Für Erika Walther sind Siebdruck und Radierung wichtige Ausdrucksmittel. Studienreisen führten sie nach Dänemark (Gludstett, 2018) und Schweden (Malmö, 2018), wo sie in den dortigen Grafikwerkstätten arbeitete und zahlreiche Radierungen entstanden sind, die das menschliche Miteinander thematisieren. Oft handelt es sich um Umrisse, die auch mit Binnenstrukturen verfeinert wurden. Orgiastische Momente und körperliche Kommunikation stehen im Gleichnis für seelische Harmonie und innere Geborgenheit. Wie in einem "Nest" schmiegen sich Körper an Körper. Dabei verwendete sie für die Radierplatten Reste von Polyacrylscheiben aus der alten Dresdner Firma Mantissa, die zu DDR-Zeiten Zeichenzubehör wie Lineale u.a. Rechenzubehör herstellte. Auch ihre Cut outs beschreiben ein verschlungenes Miteinander von Figur und bildnerischen Formen, bei denen um der Steifigkeit willen mit dem Cutter geschnittene farbige Kartons unterlegt wurden. Bei ihren Pastellen reibt sie die Farbe mit der Hand in den Karton. Dabei kommt es zu reizvollen Übergängen in mehreren Schichten. Verläufe erzeugen Tiefe und Plastizität.

Text von Heinz Weißflog

Studien

  • 1974 - 1978 Dipl. Grafik-Design Fachhochschule Mainz I.
  • 1980 - 1986 Kunststudium an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz
  • Wiederkehrende Studienaufenthalte in der Toskana, Italien

Ausstellungen

  • Keramik Kontrast - Galerie Kleines Keller Kabinett, Darmstadt, 1984
  • Lenbachhaus - München, 1985 und 1986
  • Symposium Schamotte, Kreative Werkstatt, Dresden, 2014
  • Magia Mundi - Galerie mit Weitblick, Radebeul, 2017
  • Übergang - Technologie Zentrum, Freital, 2017
  • Köpfe - KunstGalerieHaus, Dresden, 2018
  • Objekte und Fotografien, Medienkulturzentrum PENTACON, 2018

Stipendien/Residenzen

  • Artist in Residence, Hannover, 2017, Gludsted - Dänemark, 2018, Malmö - Schweden, 2018
  • Leitung nationaler und internationaler Workshops: Atelier Rostocker Straße, Dresden Frühling und Sommer 2016, Sommer 2018